lundi, mai 08, 2006

Vue sur notre actualité politique par nos voisins allemands :
"Trop c’est trop - das gilt auch für Villepin "
Rudolf Balmer, Paris
447 words
8 May 2006
Basler Zeitung
http://www.baz.ch

"Der französische Premierminister manövriert sich immer mehr ins politische Abseits
Angesichts der Clearstream-Affäre fragt sich manch einer und manch eine in Frankreich, ob denn diese Herren an der Staatsspitze nichts anderes zu tun hätten, als sich Knüppel zwischen die Beine zu werfen und sich gegenseitig hinterhältiger Manöver zu verdächtigen. Was mit einer (von Unbekannten manipulierten) Liste von angeblichen Kontoinhabern beim luxemburgischen Geldinstitut Clearstream im November 2003 begann, ist mittlerweile zu einer Art Schachtelaffäre mit immer weiteren und noch bedeutsameren Auswirkungen angewachsen. Noch weiss die Justiz wohl nicht definitiv, wer das Ganze aus welchen Beweggründen ins Rollen gebracht hat. Vielleicht sind sogar, wie im bekannten Sprichwort, jene, die anderen eine Grube graben wollten, am Ende selber reingefallen?
Kompetenzen überschritten. Dass Dominique de Villepin Anfang 2004 im Auftrag vom Präsident Jacques Chirac von einem renommierten Geheimdienstler abklären liess, ob sein Partei- und Regierungskollege Nicolas Sarkozy in eine «Affäre» verwickelt war, wäre an sich nicht schockierend. Es gehörte aber eindeutig nicht zu den Kompetenzen seiner damaligen Funktion als Aussenminister. Vor allem erweckt anschliessend die verschwörerische Geheimnistuerei den dringenden Verdacht, dass es dem heutigen Premierminister Villepin dabei weniger um den guten Ruf der Regierung ging, sondern eher darum, Belastungsmaterial gegen seinen Rivalen um die französische Präsidentschaft in die Hand zu bekommen. Mit seinen Dementis, die jedes Mal sogleich durch neue Enthüllungen in der Presse als Halb- und Unwahrheiten entlarvt wurden, hat sich Villepin nun selber vollends unglaubwürdig gemacht.
«Trop c’est trop!» («Zu viel ist zu viel!»), hatte Villepin vor einer Woche voller Entrüstung protestiert. Er beklagte sich, in Wirklichkeit sei er das Opfer einer Verleumdungskampagne. Diese Flucht nach vorn hat ihn freilich nicht sehr weit gebracht. Seine gespielte Empörung verwandelt sich in einen Bumerang: «Trop c’est trop», finden seine Landsleute zu diesem einer Staatsführung unwürdigen Ränkespiel.
Verkrustetes System. Nach einer Reihe von Niederlagen und Rückschlägen innerhalb weniger Monate ist diese politische und moralische Krise wirklich «zu viel». Nach dem Fiasko beim EU-Referendum vor einem Jahr brannten Frankreichs Vorstädte im Oktober und November bei einem fast simultanen Gewaltausbruch. Mit einer schlecht vorbereiteten Arbeitsrechtsreform provozierte der Regierungschef in diesem Frühjahr einen schweren Sozialkonflikt und eine Jugendrevolte, die ihn schliesslich in die Knie zwang. Präsident Chirac und sein Premier waren bereits so angeschlagen, dass der Skandal um die Clearstream-Affäre ihnen politisch den Rest gibt. In einer «normalen» repräsentativen Demokratie wären in einer solchen Situation Neuwahlen an der Tagesordnung. Aber so funktioniert Frankreichs Fünfte Republik mit ihrem «gewählten Monarchen» an der Spitze eben nicht. "